Die Millener Herrschaft

Die ersten Quellenbelege der Millener Herrschaft stammen aus den Jahren 1108 und 1118 - man kann also mit Sicherheit annehmen, daß das Entstehen der Herrlichkeit Millen zumindest ins 11. Jahrhundert, wenn nicht noch weiter zurück reicht. 1282 kam sie durch Verkauf an Heinsberg, 1333/34 durch Verpfändung an Geldern und mittels Weiterverpfändung im Jahre 1363 an die Grafen von Moers. Johann von Moers verkaufte 1378 seine Rechte an Millen an den Herzog von Brabant. In den folgenden Jahren wurde Millen zum Streitpunkt zwischen Brabant, Geldern und Jülich. Im Jahre 1420 wurde dieser Streit beigelegt und Millen als erbliches Lehen an Johann II. von Heinsberg gegeben. Schließlich kam Millen zusammen mit Waldfeucht und Gangelt im Jahre 1499 an das Herzogtum Jülich. Von da an bis zur Aufhebung des Herzogtums im Jahre 1794 war Millen als ‚Amt Millen‘ an das Schicksal des Herzogtums Jülich gebunden.

Die Grafen von Millen müssen schon früher mächtige Herren gewesen sein, denn 1105 war ein Wilhelm von Millen Kanoniker im Bistum Lüttich, Ein Burggraf Wilhelm von Millen besaß das nahezu souveräne Lehen des Kölner Stiftes Sankt Pantalon. 1220 war ein Goswin von Millen Kanoniker in Köln, in 1297 war ein Wilhelm von Millen Prior in Lyskirchen bei Köln, 1223 war ein Johannes von Millen Kanoniker in Sittard, 1205 war ein Robinus von Millen Stiftsdechant an St. Servas in Maastricht, 1386 war ein Otgerus Clerus Choralis an St. Servas in Maastricht und 1427 war ein Heinrich von Millen Kleriker an der Universität Köln. Heinrich von Millen war Propositus an Sankt Petri in Lovunio (Frankreich); er war der Beichtvater des Königs Ludwig IX von Frankreich. 1219 - 1270 (gen. der Heilige). Ein Herr, von Millen war zur Zeit der Schenkung der Kirche Vogt in Siegburg.

Die ersten quellenmäßig belegten Nachkommen der Herren von Millen sind Reinhardus de Melin, der 1108 bei der Kirchenstiftung von Aalberg (bei St. Truiden) als Zeuge aufgeführt wird und Heribertus de Melin, der in der Wassenberger Stiftsurkunde von 1118 als Vasall des Grafen Gerhard von Wassenberg und Geldern auftaucht. Sein Vater wird in dieser Quelle ebenfalls genannt: Heribertus filius heriberti de melin.

Millen, Melin, Melle heisst auf keltisch Niederung. Nach Kritzraedt hat Millen schon vor der Römerzeit bestanden, und zwar als Fluchtburg der Menschen in der Umgebung von Millen.

Die Herren von Millen müssen jedoch schon sehr viel früher in Millen gewesen sein, denn sie bauten sich schon vor dem Jahre Tausend unweit ihrer Burg auf einem Hügel für sich und ihren Anhang eine Eigenkirche. Da beim Bau der Kirche auch römische Grabsteine verwendet wurden, wird angenommen, dass dieser Platz wahrscheinlich schon früher als Gräberstätte der Römer gebraucht wurde.

Der erste Altar in dieser Kapelle war dem Heiligen Quirinus und Heiligem Gangolphus geweiht. Nach Johann Grein ist anzunehmen, dass die Herren von Millen die Reliquien des heiligen Quirinus, die in Neuss 881 durch die Normannen bedroht wurden, nach Millen in Sicherheit brachten. 1050 sind die Reliquien des heiligen Quirinus wieder nach Neuss zurück gebracht worden; sie wurden am 30. April 1050 unter großer Anteilname der ganzen Neusser Bevölkerung wieder in Neuss eingeführt. Seit diesem Tage wird diesseits der Alpen der Quirinustag auf den 30. April gefeiert.

Die Herren von Millen waren vermögende Herren, denn zwischen 1106 und 1126 schenkten sie auf Betreiben ihres Onkels Wilhelm von Millen, Kanoniker aus Lüttich die Kirche dem Kloster Siegburg und baten um einige Mönche für das Kloster. Sie sorgten auch für ein Einkommen für den Propst und seine Mönche. Es waren ein Hof in Millen und Besitzungen aus 22 verschiedenen Orten. Seit dieser Zeit bestand in Millen die Propstei. Kurz danach focht der jüngste der vier Neffen des Wilhelm von Millen, Reinard von Millen diese Schenkung an, da er zu der Zeit als die Schenkung erfolgte noch minderjährig war. Im Jahre 1144 wurde dieser Streit vor dem Dechanten in Susteren, und später vor dem Erzbischof Arnold in Köln beigelegt.

Da in Millen der heilige Quirinus verehrt wurde, der in jener Zeit und auch später regen Zulauf hatte, wurde die Kirche bald zu klein und man baute zwischen 1105 und 1120 ein größeres Kirchenschiff an. Seit dieser Zeit wurde die Kirche in Millen getrennt, Das Chor- und Altarhaus war den Mönchen vorbehalten und das Kirchenschiff der Gemeinde. In der Kirche in Millen standen damals auch zwei Altäre, einer war dem heiligen Quirinus, und einer dem heiligen Nikolaus geweiht. Somit wurde Millen zu einem vielbesuchten Wallfahrtsort. Um 1150 bauten die Herren von Millen, als Ersatz für die verschenkte Kirche das jetzige Seitenschiff, welches den heutigen Vorraum und die Quirinuskapelle beinhaltet.

1287 ist Millen zum ersten Male durch den Herrn von Wittem verwüstet worden,. Millen war zu der Zeit die älteste Burg in der Umgebung, vermutlich aus dem 9. oder 10. Jahrhundert. Sie wurde nach der Verwüstung aber schnell wieder aufgebaut. 1242 wurde die Burg zum zweiten Male verwüstet. Arnold von Millen verkaufte 1282 die Burg Millen mit all ihren Rechten und Pflichten an die Herren von Heinsberg. Einige Zeit später ist die Burg in den Besitz von Eduard von Geldern gekommen, die dieser 1363 für 24.000 Gulden an Johann von Moers verkaufte. Johann von Moers baute die verfallene Burg wieder auf. Nach seinem Tode verkaufte sein Erbe Frederik von Moers Millen an Wencislav von Brabant und seiner Frau Johanna von Burgund.

Danach wurde Johann von Loon, Bischof von Lüttich, Herr zu Millen. Er war 1458 in Millen bei einer Folterung und Hinrichtung. Danach erbten seine Schwestern Maria und Jakoba das Schloss Millen. Sie haben sehr wahrscheinlich das erste Herrenhaus gebaut; es wurde das schönste Schloss der Umgebung; nebenbei wird gesagt, sie hätten sich an Millen arm gebaut. Jakoba wurde 1459 Äbtissin in Thorn.

Johann von Nassau und seine Frau Maria von Heinsberg wurden Sieger bei dem darauffolgenden Erbstreit um Millen. Nach dessem Tode wurde Engelbert von Nassau (Urgrossvater von Wilhelm van Nassau) Besitzer des Hauses Millen. Engelbert war mehr auf Burgund gerichtet, er tauschte daher Millen Waldfeucht und Gangelt gegen Sichem, Diest und Scherpenheuvel mit Wilhelm von Jülich. Das ist der Anfang vom Land von Jülich.

Die Bezeichnung "Land von Millen" bekam unsere Heimat um 1450, als auch schon ein Amtsbezirk bestand, in dem damals ein gewisser Gottschalk von Voerde als Amtmann fungierte. Knapp 300 Jahre bis 1794 sollte das Dorf Millen diesem neueingerichteten Jülicher Amt seinen Namen leihen. Erst später, ab 1569, wurde das Amt Millen mit dem Amt Born vereinigt. Beide Orte verfügten seitdem über den gleichen Amtmann, die Amtsgeschäfte wurden in der Regel aber von Millen aus geführt.

Woher kam nun diese Bedeutung Millens im hohen Mittelalter? Schon in fränkischer Zeit gehörte Millen zum Kernbereich des Karolingerreiches. Aus der Zeit der Normanneneinfälle rührt die Einrichtung von Grafschaften her, und es kam langsam zur Bildung von regionalen Territorialherrschaften. Dieses Amt Millen umfaßte insgesamt 38 Ortschaften, dazu kamen noch 32 Einzelgehöfte und Rittersitze. Neben Gangelt und Waldfeucht gehörten noch folgende Orte zum Amt Millen: Havert, Stein, Isenbruch, Schalbruch, Höngen, Großwehrhagen, Kleinwehrhagen, Hastenrath, Kievelberg, Vintelen, Schümm, Broichhoven, Stahe, Birgden, Kreuzrath, Langbroich, Niederbusch, Gangelterheide, Mindergangelt, Brüxghen, Buscherheide, Braunsrath, Hontem, Löcken, Obspringen, Schöndorf, Selsten, Breberen, Nachbarheide, Brüggelchen, Frilinghoven, Haaren, Harzelt, Neuhaaren, Bocket und Schierwaldenrath.

Die Stadt Sittard gehörte nicht dazu, da sie bei der Aufteilung des Amtes Born 1709 selbständig wurde. Sittard war um 1400 vom Herzog von Jülich von den Erben von Monschau -Valkenburg, den Grafen von Salm, gekauft worden. Zeitweilig war Sittard dann in den Besitz von Heinsberg gelangt, kam dann vorübergehend an den Grafen von Moers, um endlich aber 1494 wiederum in den Besitz von Jülich zu gelangen. Die heutigen Selfkantorte Tüddern, Wehr, Süsterseel und Hillensberg gehörten nicht zum Amt Millen, sondern bildeten zusammen mit einem Teil der Graetheide (eine Schenkung des Königs Zwentibold) das Jülichsche Amt Born. Das Gebiet des Amtes Millen umfaßte somit in etwa die derzeitigen Gemeinden Selfkant, Gangelt und Waldfeucht und würde in heutiger Zeit eine Großgemeinde bilden.

1699 wurde das Haus Millen durch den Herzog von Jülich - Bergh, dem Grafen von Pfalz - Neuburg neugebaut oder vergrössert. Im Schloss über der Türe zum Rittersaale ist noch eine Freske zu sehen, die aus dieser Zeit stammt.

1802 besetzten die Franzosen unter Kaiser Napoleon diese Gegend und hoben die Ämter auf. Millen verlor seinen Status als Amtssitz und kam zum neugebildeten Kanton Sittard. Es wurde Bürgermeisterei. Die Propstei wurde säkularisiert. Die Kirche kam in den Besitz der Zivilgemeinde.

Pierre Ceulner aus Maastricht hatte inzwischen das Haus Millen erworben. 1815, nach dem Wiener Kongress wurde der Rodebach zur Grenze. Diese Grenze trennte die Ortschaft Millen vom Haus Millen, selbst die Mühlen, eine Ölmühle und eine Kornmühle wurden getrennt in eine Deutsche und eine Niederländische Mühle.

Das ehemals von reichen Bauernhöfen geprägte Dorf wurde durch die politische Umstrukturierung nach dem Wiener Kongress in seiner Wirtschaftskraft auf die Dauer gesehen nachhaltig geschwächt. Wie negativ sich diese Isolierung Millens auswirkte - es befindet sich heute im äußersten Westen der Bundesrepublik - zeigt auch der Bevölkerungsrückgang von 1025 Einwohnern im Jahre 1804 auf heute 328 Einwohner.

Haus Millen musste 1823 von Pierre Ceulners wegen Überschuldung wieder verkauft werden. Er fand im Apotheker und Weinhändler Jakob Haan aus Köln einen Nachfolger, der in 1823 einen Treppenturm links neben dem Eingang bauen ließ. Weiterhin baute er auch noch Wirtschaftsgebäude im hinteren Teil des Hofes. Nach dem Tod der Frau des letzten Herrn Haan in 1989 erwarb Richard Wagemanns Haus Millen.